Demokratie im Blick:
Auf einen Schnack mit JoinPolitics
Wir bei holi holen die Initiativen ins Rampenlicht! Mit Veranstaltungen, Workshops oder neuen Tools versuchen sie jeden Tag, die Demokratie in Deutschland und Europa zu stärken. Wie wichtig ihre Arbeit ist, zeigt sich auch vor der Europawahl. Doch, wie organisiert sich so eine Initiative überhaupt? Was sind ihre Ziele? Und wie sieht ihr Europa der Zukunft aus? Philip Husemann ist Co-Geschäftsführer von JoinPolitics und beantwortet unsere Fragen.
Was sind die Ziele von JoinPolitics?
Als JoinPolitics eint uns der Wunsch nach einem umsetzungsstarken Politikbetrieb und einer zukunftsfähigen Demokratie. Das erfordert einen Wandel der bestehenden Strukturen und in unserem Denken. Vom Klimawandel, über die fortschreitende Digitalisierung und die Transformation der Arbeitswelt bis zur Migration: In einer Zeit zahlreicher, miteinander verbundener Krisen reicht es nicht mehr, Probleme einzeln zu betrachten und zu adressieren, um die gegenwärtigen Herausforderungen zu lösen.
Wir sind davon überzeugt, dass es außergewöhnliche Talente braucht, die mit Leidenschaft und geleitet von Ideen an den besten Lösungen für die politischen Fragen unserer Zeit arbeiten. Um das politische System fit für das 21. Jahrhundert zu machen, brauchen wir ihr Engagement und ihre mutigen, unorthodoxen Ansätze. Sie zu suchen, zu finden und zu fördern, ist unsere Mission.
Mit JoinPolitics eröffnen wir einerseits einen Raum, in dem politische Talente schnell und lösungsorientiert ihre Ideen testen können. Andererseits schaffen wir eine überparteiliche Community, die gemeinsam daran arbeitet, die Demokratie zu stärken, anstatt sie dem Rechtspopulismus und der gesellschaftlichen Zersplitterung zu überlassen.
Was habt Ihr schon erreicht?
Seit unserer Gründung 2019 erreichen wir immer mehr vielversprechende Kandidat*innen. Inzwischen haben wir mehr als 600 Bewerbungen erhalten und konnten 33 politische Talente und Teams in unsere Förderung aufnehmen. Von ihnen wurden drei in politische Mandate gewählt und konnten sehr schnell einflussreiche Positionen in ihren Parteien erlangen. 12 weitere Talente sind erst im Rahmen der Förderung in Parteien aktiv geworden und etwa einem Drittel ist es gelungen, ihre politischen Herzensthemen und Vorhaben in Koalitionsverträgen und Regierungsprogrammen zu verankern. Weitere acht geförderte Talente treten am 9. Juni bei den Kommunal- und Europawahlen an.
Auch unsere Community wächst kontinuierlich: Neben den Talenten und Alumni werden immer mehr erfahrene Coaches und Mentor*innen Teil unserer Mission. Inzwischen unterstützen 33 von ihnen die JoinPolitics-Talente mit ihrer Expertise und leisten so einen wichtigen Beitrag für den Erfolg unserer Arbeit.
Plant Ihr eine besondere Aktion zur Europawahl?
Natürlich spielt die Europawahl auch für uns eine zentrale Rolle. Bereits im letzten Jahr haben wir deshalb fünf Talente in die Förderung aufgenommen, die entweder bei der Europawahl antreten, ihre Partei auf die Wahl vorbereiten oder eine überparteiliche Initiative zur Europawahl an den Start bringen. Milad Tabesch hat beispielsweise gemeinsam mit seinem Team und zahlreichen Erstwählerinnen die Junge Ruhrpott Agenda für Europa erarbeitet. Das Papier bündelt ihre Gedanken und Wünsche im Vorfeld der Europawahl und soll sie im öffentlichen Diskurs sichtbar machen. Einige unserer geförderten Talente kämpfen im Juni außerdem selbst um ein Mandat im EU-Parlament und haben während ihrer Förderung Initiativen mit Blick auf Europa umgesetzt: Anna Peters hat europaweit 40 politische Forderungen für eine gerechte Finanzpolitik erarbeitet. Marie Glißmann wiederum war in ganz Brandenburg unterwegs, hat in zahlreichen Gesprächen die Perspektiven der Bürgerinnen vor Ort gebündelt und will sie in die europäische Entscheidungsfindung einbringen. Phil Hackemann setzt sich leidenschaftlich für eine Vertiefung der EU ein und hat auf einer Europatour Ideen gesammelt, wie das gelingen kann. Und Rebekka Müller hat ihre Europa-Partei Volt mit unserer Förderung modernisiert, indem sie in einem #TeamEuropa ihr Aufstellungsverfahren zur Europawahl deutlich diverser gestalten.
Indem wir Talente und Vorhaben unterstützen, die Europa in den Fokus nehmen, fördern wir proeuropäisches Denken und tragen indirekt dazu bei, politische Fragen auf europäischer Ebene zu adressieren.
Aus Sicht von JoinPolitics: Warum sollte ich am 9. Juni wählen gehen?
Wir sehen derzeit, dass die EU als Idee und Institution in Frage gestellt und zum Teil offen angegriffen wird. Natürlich sind Kritik und Verbesserungsvorschläge notwendig und legitim, sofern sie keinen destruktiven Charakter aufweisen. Für Deutschland und unseren Kontinent ist die Europäische Union eine der wichtigsten Errungenschaften des letzten Jahrhunderts. Wir dürfen antidemokratischen Kräften deshalb nicht die Zukunft der EU überlassen. Jeder und jede sollte die eigene Stimme nutzen, damit diese Strömungen keinen größeren Einfluss auf die Politik in der EU gewinnen.
Natürlich gibt es noch weitere Gründe, die dafür sprechen, zu wählen: Das Europaparlament ist die Stimme der Bürger*innen und das einzige direkt gewählte Organ der EU. Hier werden viele politische Entscheidungen beschlossen, die uns alle betreffen. Mit unserem Kreuz entscheiden wir also, welche Abgeordneten uns vertreten und können mitbestimmen, wohin sich Europa entwickelt. Wer nicht wählt, verzichtet nicht nur darauf, Politik aktiv zu beeinflussen, sondern auch, Verantwortung für die gegenwärtigen Fragen und unsere Zukunft zu übernehmen.
Wie sieht Euer Europa der Zukunft aus?
Der Brexit und das Erstarken antidemokratischer Parteien haben gezeigt, wie sehr die Idee eines geeinten Europas inzwischen unter Druck steht. Die EU wird häufig als zu bürokratisch, zu intransparent und zu weit entfernt von der Lebensrealität der Bürgerinnen empfunden. Die Veränderungen im Politikbetrieb, die wir mit JoinPolitics auf nationaler Ebene anstoßen wollen, braucht es auch innerhalb der Europäischen Union. Wir wünschen uns ein Europa mit einer klaren Zukunftsvision im Hinblick auf die großen Transformationen von Klimawandel bis Migration und die internationalen, geopolitischen Herausforderungen. Ein Europa, in dem Politikerinnen aller Mitgliedstaaten lösungsorientiert an diesen Fragen und – wo nötig – gemeinsam auch an Verbesserungen der institutionellen Strukturen der EU arbeiten. Ein Europa, in dem wir zwischen der Zivilgesellschaft und der Politik wieder Brücken bauen und sowohl innerparteilich als auch über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten. Wenn das gelingt, kann auch das Vertrauen in die politischen Institutionen wachsen.