Demokratie im Blick:

Auf einen Schnack mit Mehr Demokratie

Wir bei holi holen die Initiativen ins Rampenlicht! Mit Veranstaltungen, Workshops oder neuen Tools versuchen sie jeden Tag, die Demokratie in Deutschland und Europa zu stärken. Wie wichtig ihre Arbeit ist, zeigt sich auch vor der Europawahl. Doch, wie organisiert sich so eine Initiative überhaupt? Was sind ihre Ziele? Und wie sieht ihr Europa der Zukunft aus? Sarah Händel ist bei dem gemeinnützigen Verein „Mehr Demokratie“ für das Thema EU zuständig und beantwortet unsere Fragen.



Was sind eure Ziele?

Wir wollen, dass die EU für die Menschen anfassbarer wird. Auf EU-Ebene werden wichtige Entscheidungen für unser Leben getroffen – es muss doch möglich sein, davon mehr mitzubekommen und sich auch daran beteiligen zu können. Dafür braucht es folgenden Dreiklang: 1. mehr übersichtliche, transparente Information zu den EU-Themen 2. Chancen zum Austausch der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu diesen Themen und 3. konkrete Beteiligungsformate, bei denen die vielen unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen in Europa in konkrete politische Forderungen übertragen werden können, die dann auch in den politischen Prozess miteinfliessen!



Was habt ihr schon erreicht?

Wir haben damals vor 12 Jahren kräftig dabei mitgeholfen, dass die europäische Bürgerinitiative (EBI) eingeführt wurde. Das ist ein Instrument, mit dem Organsiationen und Menschen aus der Zivilgesellschaft ein Thema auf die Agenda der EU-Kommission setzen können, wenn sie es schaffen 1 Millionen Unterschriften dafür zu sammeln. Leider hat die EU-Kommission letzten Herbst ihr Versprechen
gebrochen die EBI zur Beendigung der Käfighaltung in der EU umzusetzen. Das war ungeheuer enttäuschen, weil es in 12 Jahren die erste EBI war, bei der die Kommission offiziell zugesagt hatte ihr zu folgen. Viele Menschen fühlen sich jetzt nicht ernst genommen.



Plant ihr eine besondere Kampagne zur Europawahl?

Mehr Demokratie beteiligt sich an der Organisation von Europa-Demos in mindestens 7 großen Städten – Hamburg ist auch dabei. Die Demos sollen dazu beitragen uns alle aufzurütteln: wenn wir was gegen den Rechtsruck tun wollen, braucht es mehr Gerechtigkeit aber auch eine lebendige Demokratie, die den Menschen zeigt, dass wir alle zählen und aufgefordert sind miteinander darüber zu sprechen, wie Schritte in die Zukunft ausssehen können. Wir sollten von den politischen Entscheidungsträgern einfordern, dass sie viel mehr solcher demokratischen Räume des Austauschs ermöglichen und wir sollten selbst daran arbeiten mit Menschen und Gruppen in Verbindung zu bleiben, die nicht unserer Meinung sind. Es ist schwer (und oft sinnlos) andere von der eigenen Meinung überzeugen zu wollen, aber was wir können ist menschlich in Verbindung bleiben und besser verstehen, warum der andere
die Position hat, die er oder sie eben hat. Wenn das klappt ist in diesen Zeiten der Polarisierung ist schon viel erreicht.



Warum sollte ich am 9. Juni wählen gehen?

Die Wahlen sollen ja zeigen wie wir als Gesellschaft gerade drauf sind, jede Stimme weniger verzerrt das Bild. Die Wahlen zeigen uns wie die Stimmung bei den Menschen ist, und die nächsten Wahlen werden uns wahrscheinlich kein schönes Bild zeigen. Die Frage ist: was ändern wir, damit die Menschen wieder mehr Vertrauen in die Demokratie bekommen und nicht in der Angst vor Veränderungen erstarren? Eine moderne Demokratie muss da mehr anbieten als Wahlen.



Wie sieht euer Europa der Zukunft aus?

Wenn Europa eine gute Zukunft haben will braucht es Mut: neben dem Binnenmarkt muss es auch viel mehr um soziale Gerechtigkeit gehen. Wir brauchen einen neuen Modus der Kooperation bei der eine
gesamteuropäische Perspektive im Vordergrund steht. Wenn die EU mehr Macht bekommt, braucht sie aber auch ganz dringend mehr demokatische Legitimation. Es braucht neue Instrumente wie die Bedürfnisse, Haltungen und Perspektiven der Bürgerinnnen und Bürger in europäische Politik
einfliessen können, zum Beispiel über einen permanenten europäischen Bürgerrat mit wechselden Zufallsbürgern. Was auf jeden Fall super ist: moderne Sprachprogramme können schon jetzt in einigermaßen guter Qualität in alle 24 Amtssprachen der EU übersetzen. Wenn wir in Zukunft
in Europa alle miteinander sprechen und diskutieren können ist schon mal sehr viel gewonnen für eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit!



Wie kann man bei euch mitmachen?

Mehr Demokratie ist ein Verein bei dem man Mitglied werden kann: https://www.mehr-demokratie.de/mitglied-werden. Wir bieten außerdem ziemlich viele (zumeist online) Veranstaltungen an, die alle damit zu tun haben, wie wir unsere Demokratie verbessern können, wie wir mit der gesellschaftlichen Polarisierung umgehen, wie wir es schaffen, selbst diese Demokratie mitzugestalten. Wer mal reinschauen will, sollte sich für unseren Newsletter anmelden: https://www.mehr-demokratie.de/newsletter